Vollblutzucht

Genaugenommen beginnt die Entstehungsgeschichte des Vollblüters mit dem Erscheinen Julius Cäsars in Britannien.
Er wollte 55 v. Chr. Dem römischen Weltreich eine weitere Provinz erobern, doch die dort ansässigen Kelten leisteten mit ihren kleinen, schnellen und robusten Pferden heftigen Widerstand. Diese Ponies waren zum Teil Kreuzungen der einheimischen Landrasse mit gallischen Pferden. Diese wiederum kamen aus Nordafrika oder waren Mischlinge des dortigen Schlages.

Mitte des 10. Jahrhunderts bat Hugo Capet aus dem französischen Geschlecht der Kapetinger den mächtigen angelsächsischen König Athelstan um die Hand seiner Schwester und brachte ihm als Geschenk „ running horses „ ( Rennpferde ) mit.
Allerdings hatten diese Pferde keinerlei Einfluß auf die Zucht des Vollblutes. Sie waren zwar gute Gewichtsträger, kamen aber für eine Veredelung in Bezug auf Schnelligkeit nicht in Betracht.

Die Normannen besaßen zwar schnelle, wendige und ausdauernde Pferde, die aber immer wieder verbessert werden sollten.
Da die „Wüstenpferde“ als schnell und ausdauernd bekannt waren, floß in die eigene Zucht auch orientalischen Blut mit ein.
Um 1200 wurden die Versuche, schnelle Pferde zu züchten, intensiver.
Durch die Kreuzzüge kamen weitere orientalische Pferde nach England.

Bis 1565 wurden sämtliche Rennen ohne züchterischen Hintergrund abgehalten.
Erst als der Hippologe Thomas Blundville eine Veredelung der Zucht nach System forderte, war der erste wirklich entscheidende Schritt in Richtung Vollblut getan.

Dieses war nur mit dem Einfluß orientalischer Pferde zu machen. Die Ausdauer von Türken, Arabern und Berbern, sowie deren Mischlinge war bekannt.

Heinrich VII ( Blaubarts Vater ) hatte 1496 per königlicher Order den Export von Pferden verboten. Sein Sohn und Nachfolger Heinrich VIII. erließ 1535 ein Gesetz, daß alle Hengste von der Zucht ausschloß, die nicht mindestens 15 hands groß waren.
Er kaufte überall auf den europäischen Festland Pferde für seine Gestüte in Greenwich und Eltham. Aber er bekam auch einige geschenkt.
Nachdem Heinrich VIII. gestorben war, nahm das Königshaus keinerlei Anteil an Rennsport und Zucht. König Eduard VI. war nur auf dem Papier der Herrscher, da er zu jung war und Maria I. regierte nur ganze fünf Jahre, in denen sie sich hauptsächlich damit beschäftigte, den Leuten den Kopf vor die Füße zu legen. Aus diesem Grund wurde sie auch „die Blutige“ genannt.

Erst Elizabeth I. besuchte wieder Rennen und hielt und züchtete in den Gestüten ihres Vaters Rennpferde. In Tutbury gründete sie sogar noch ein drittes Gestüt.

1575 sollte Signore Prospero d`Osama aus Neapel die Zucht auf den neusten Stand bringen. Er fertigte über seine Arbeit einen Bericht in feiner zierlicher Schrift an.
Das in Leder gebundene Manuskript aus dem Jahre 1576 kam in die Bibliothek des Lordstallmeisters Graf Leicester. Im Laufe der Zeit ging es verloren und tauchte erst im 20. Jahrhundert wieder aus. Und zwar auf dem Karren eines Pariser Buchhändlers.
Es gelangte wieder in sein Ursprungsland und wurde 1927 auf einer Auktion in London für 115 Pfund an einen Amerikaner aus New York versteigert.

Als Elizabeth 1603 starb, wurde Jakob I. aus dem Hause Stuart zum englischen König gekrönt. Auch er setzte sich für die Vollblutzucht und die Rennen ein.
Als Besitzer und Züchter wurde er mit dem Pferd „Markkham Arabien“ bekannt.
Er behauptete, für dieses Pferd 500 Guineas bezahlt zu haben, was aber durch den Fund einer Rechnung, ausgestellt am 20. Dezember 1616 widerlegt werden konnte. Diese besagte, daß der Kaufpreis sich auf 154 Pfund belief.
Gefunden wurde die Rechnung allerdings erst im 20. Jahrhundert.

Während seiner Tätigkeit als Deckhengst hat „Markham Arabien“ allerdings nichts gebracht, was von Bedeutung wäre.

Anfang des 17. Jahrhunderts war die Zeit, in der man alles miteinander paarte, was auch nur einen Hauch orientalisches Blut hatte, vorbei.

Um 634 gab es im ganzen Reich nicht mehr als 2000 Pferde, die für Rennen tauglich waren. Die Menge änderte sich auch vorerst nicht, aber die Qualität wurde immer besser.
Oliver Cromwell, ein strenger Puritaner, verbot ab 1654 die Rennen mit der Begründung, daß die Royalisten sie zum Kampf gegen das herrschende System benutzen würden. An einer guten Pferdezucht war allerdings auch er interessiert.
Da die königlichen Gestüte verwüstet waren, wurden in Tutbury 140 Pferde gesammelt und an die treusten Parteigänger verteilt.
Cromwell importierte aus Italien und dem mittleren Osten weitere Zuchttiere.
Aus Frankreich wurde „White Turk“ geholt, der in einem der ältesten Pedigrees als Hengst verzeichnet ist. Er ist der Urahn von Pferden wie „Bend Or“, „Robert the Devil“, „The Bard“ und „Minting“.

Oliver Cromwell starb 1658 und Karl II. trat sein Erbe an. Nun endlich begann die hundertjährige Entwicklung zum heutigen Rennpferd.
Unter seiner Ära wurden wieder Rennen ausgetragen, die unter dem strengen puritanischen Regime verboten worden waren.
Auf der Rennbahn in Epsom stiftete der König selber den Siegpreis, silberne Platten, die sogenannten „Kings Plates“ im Wert von 100 Guineas. Diese sollten ein Anreiz sein, schnellere Pferde zu züchten.
Allerdings brauchte man Geduld, denn in der Pferdezucht geht nichts von heut auf morgen. Vater sowie Muttertier mußten sowohl von der Blutlinie, als auch von der Rennleistung geeignet sein.
Um die Leistungen zu verbessern, benutzte man fast ausschließlich Orientale.
Doch an die wirklich guten Hengste ranzukommen war sehr schwierig, da sich selten einer von seinem kostbaren Pferd trennte.
Doch unter den 103 orientalischen Pferden, die im Allgemeinen Englischen Gestütsbuch als Gründer der Vollblutrasse verzeichnet sind, befanden sich auch
-Byerley Turk
Darley Arabian und
- Godolphin Barb.